DONALD TRUMP, DONALD DUCK UND HARRY POTTER
Nein, ich bin kein Harry Potter-Fan. Ich gestehe dies gleich zu Anfang. Vielleicht – aber nur vielleicht – könnte auch ich einer werden, wenn … ja, wenn ich nicht ständig auf diversen Buchmessen mit der Entrücktheit des Fantasy- und hier speziell des Dark-Fantasy-Kults konfrontiert würde. Was mich aus meiner Sicht dazu legitimiert, darüber zu diskutieren, sind die Folgen dieses Kults, die aus denkenden Wesen zusehends „Follower“ machen, die ihr Heil offensichtlich in einer Form von Realitätsflucht sehen.
Wer meine Bücher kennt – vor allem meine Kurzgeschichten-Bände -, dem wird der Unterschied sofort klarwerden. Während Harry Potter & Co. seine Leser ins Reich des Fiktiven schickt, wildere ich in der menschlichen Gefühlskette und schreibe über Menschen, die uns in unserem realen Leben tatsächlich begegnen könnten.
Buchmessen, auf denen sich der Trend zu Dark-Fantasy verstärkt hat – Beispiel BuchBerlin -, meide ich mittlerweile. Veranstalter, bei denen eher die Quote zählt und die sich am (vermeintlichen) Massengeschmack orientieren, um nur ja schnell die Kosten von Hallenanmietung et cetera wieder hereinzubekommen, können für Buchliebhaber kein Maßstab für die Qualität in der Belletristik sein. Auf der diesjährigen Buchmesse in Solingen habe ich es erlebt, dass sich drei Stände mit Spannungsliteratur gegen rund ein Dutzend Ständen mit Dark-Fantasy-Literatur behaupten mussten. So etwas spricht nicht gerade für eine durchdachte und weitsichtige Auswahl durch den Veranstalter.
Aber vielleicht gaben sie bei der Vergabe der Standplätze ja auch nur einem verbreiteten Gefühl Ausdruck, dass der Mensch „an sich“, also das Individuum sich durch die zunehmende Kompliziertheit in seinem Alltag mit all seinen ausufernden bürokratischen Auswüchsen überrannt fühlt … „einfach“ formuliert: Er blickt nicht mehr durch. Gleichzeitig fördert dies seine Bereitschaft, sich „einfachen“ Botschaften zu öffnen.
Und genau da schlägt dann die Stunde von Leuten vom Schlage eines Donald Trump. Nicht von ungefähr ist seine Heimat die USA – ein Land, das uns unter anderem die fiktive Comic- und Zeichentrickfigur Donald Duck beschert hat; ein Hobby von dessen Onkel Dagobert ist es bekanntlich, in Geld zu baden. Donald und Dagobert Duck – zwei sympathische Figuren, die es dem Durchschnittsmenschen manchmal erleichtern, Ungerechtigkeiten in seinem Alltag zu ertragen. Figuren mit einer „einfachen“ und verständlichen Sprache.
Gerne wäre ich bereit, weiter in Kindheitserinnerungen zu schwelgen, wäre die Sprache der so genannten „Einfachen“ (wie derzeit in den USA) nicht darauf ausgerichtet, demokratische Strukturen systematisch zu zerstören. Einziges Argument des gegenwärtigen Machthabers im Weißen Haus: Wir haben die Macht und diese legitimiert uns dazu, dieses Land nach unserem Gutdünken zu regieren.
Richard Gere soll laut Medienberichten gesagt haben: „Donald Trump ist ein Tyrann und Verbrecher.“ Jemand wie Donald Trump wird derlei Anmerkungen vermutlich vordergründig mit einem Schulterzucken abtun – und gleichzeitig seine Wadenbeißer anweisen, Kritiker ruhigzustellen … egal, wie.
Ob die wenigen US-Richter, die sich ihm zurzeit noch in den Weg zu stellen wagen, dazu beitragen können, ihn in seiner ungezügelten Gier nach Macht und Reichtum zu stoppen, darf bezweifelt werden. Je mehr Trump sich in seiner Allmacht bestätigt sieht, desto leichter wird es ihm fallen, richterliche Anordnungen zu übergehen. Damit wird der Weg für ihn geebnet sein – „L état c’est moi!“.
Auch ist zu vermuten, dass er versuchen wird, geistige Vielfalt zu eliminieren – denn diese verwirrt seiner Ansicht nach den Durchschnittswähler lediglich. Rassendiskriminierung, die Unterscheidung von Menschen in Kategorien erster und zweiter Klasse wird zunehmen. Dies zeigt sich bereits jetzt bei dem von Trump gestarteten Versuch der Eindämmung von Migration. Damit einher geht die Kennzeichnung von lebensunwerten Existenzen, die nicht ins Schema dieses Präsidenten passen.
Donald Trumps Politik des „Draufhauens“ hat ihre Vorläufer. In Gestik, Wortwahl und Sprache lassen er und seine loyale Dienerschaft schon jetzt zunehmend an Diktatoren denken, wie wir Deutschen sie im Dritten Reich (in Gestalt eines Hitler, Himmler und Goebbels) erlebt haben und wie sie auch in Diktaturen heutzutage immer noch gegenwärtig sind. Menschen, die nicht mit ihnen auf einer Linie waren, galten als „Ungeziefer“, welches jedermann ungestraft zertreten durfte.
Kehren wir zum Ausgangspunkt zurück: Menschen, die sich zunehmend abschotten … Menschen, die ihre Ruhe haben wollen, sich nicht einmischen wollen, sich stattdessen in Schattenreiche, in eine Phantasiewelt zurückziehen, leisten derlei Bestrebungen Vorschub. Entsprechende geringwertige Fantasy-Literatur kann bei weitgehend unkritischen Menschen das Ihre dazu beitragen. (Anmerkung: Natürlich hängt auch bei Dark-Fantasy-Literatur vieles vom jeweiligen Autoren ab und es gibt, wie in jedem Bereich der Belletristik, Schund wie auch Kunst.)
Wenn Diktatoren keinen Widerstand erfahren, fühlen sie sich letztendlich sogar ermuntert, die Demokratie ganz abzuschaffen – in welcher dann schlussendlich auch der Satz von Rosa Luxemburg nichts mehr verloren hat: „Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden.“