Was gibt es für einen Buchautor Schöneres als eine Lesung? Antwort: Die Vorfreude auf die nächste.
Das Werk, aus dem ich vorlesen werde, liegt bereits vor mir auf dem Pult … mit dem Lesezeichen, das die Seite markiert, wo es „losgeht“. Das Poch-poch zum Testen des Mikrofons hämmert durch den Veranstaltungsraum und die Zuhörer in den vollbesetzten Stuhlreihen vor mir richten erwartungsvoll die Augen auf mich … in wenigen Sekunden werden sie Zeugen eines Ereignisses sein, auf welches sich der Geschichtenerzähler dort vorn akribisch und mit Herzblut vorbereitet hat … dann – ja, dann könnten zu diesem Zeitpunkt eigentlich alle zufrieden sein. Eigentlich.
Doch dann das: „Alles schön und gut, aber ich brauche mehr Licht!“. Verzweifelt gestikulierend versuche ich, mich der Regie am Ende des Raums verständlich zu machen – und … ja, tatsächlich. Binnen kurzem ist auch dieses Problem gelöst. … Licht ist alles! Natürlich kenne ich mittlerweile ganze Passagen meiner Texte fast auswendig … aber nur fast.
Noch mehr Licht und Farbe bekommen meine menschlich-allzu menschlichen Geschichten beim Vorlesen. Zart dahingehauchte Passagen einer Liebesszene kurz vor dem, alles entscheidenden Kuss oder schrille, angstvolle Schreie, wenn der- oder diejenige gerade in höchster Gefahr schwebt, über die Brüstung eines mittelalterlichen Kirchturms gestoßen zu werden und sein/ihr Leben 150 Meter tiefer auf dem Steinpflaster auszuhauchen … . In solch dramatischen Momenten ist es oftmals so, dass ich als Buchautor in den Texten direkt aufgehe, mich darin sozusagen verliere und mir die Gegenwart fast nicht mehr gegenwärtig ist – weil meine Gedanken in diesem Augenblick mitten in dieser Szene sind … ich mich gewissermaßen als Teil des Geschehens fühle.
Wenn ich schließlich am Ende der Geschichte, immer noch tief bewegt, das Buch – MEIN Buch – aufs Pult sinken lasse und der Beifall meiner Zuhörer mich aus dem Dunstkreis der Handlung entlässt, dann stiehlt sich ein erleichtertes Lächeln auf meine Lippen. Mein „Danke …“ kommt von Herzen.
In diesem Zusammenhang gilt mein herzliches Dankeschön Cindy Ponto, 1. Vorsitzende vom Kunstverein Herrenberg e.V. und deren Mitstreiter, die mir die Lesung am 1. Februar im dortigen KunstWerk ermöglicht haben.