Gedanken zum Tag (29.01.2025)

Kommentar: Antisemitismus – hausgemacht.

Regelmäßig dann, wenn ein KZ-Gedenktag am Horizont auftaucht, werden Pläne aus der Schublade geholt, SchülerInnen künftig zum Besuch einer KZ-Gedenkstätte oder eines früheren NS-Konzentrationslagers zu verpflichten – so auch diesmal. Schüler nach Auschwitz karren? Ein Schwachsinn sondergleichen!

Insbesondere dann, wenn Politiker (egal welcher Couleur) versuchen, Jugendliche für ihre Zwecke zu instrumentalisieren, sollten bei verantwortungsvoll denkenden Bürgern die Alarmglocken schrillen. Besonders junge Menschen, die gerade ihre Pubertät hinter sich gelassen haben, sind noch formbar … und sehr leicht zu manipulieren. Zwar genießen für sie in dieser Altersstufe Lehrer und Eltern längst nicht mehr den Bonus der Unfehlbaren und Unantastbaren – dennoch: Wenn Jugendliche hautnah derart mit dem Grauen von Vernichtungslagern konfrontiert werden, sind in der Regel zweierlei Reaktionen möglich: Entweder sie blödeln dort herum – dies nicht zuletzt als Abwehrreaktion, weil sie den Anblick von Leichenbergen nicht ertragen können – oder aber sie lassen das Grauen auf sich einwirken. Danach obliegt es den pädagogischen Fähigkeiten von Lehrkräften und Erziehenden, mit den Jugendlichen gemeinsam die Ereignisse jener Zeit zu hinterfragen und zu reflektieren.

Dani Dayan, Vorsitzender der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem sagte dieser Tage anlässlich des Gedenkens an den 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz: „Das Erinnern und Anerkennen der dunklen Vergangenheit des Landes und seiner Menschen sollte im Mittelpunkt der Gestaltung der deutschen Gesellschaft stehen“ Bei ihm und seinesgleichen fallen mir hierbei unwillkürlich Begriffe wie Gehirnwäsche und Indoktrination ein. Um nichts anderes handelt es sich meines Erachtens bei dieser ständigen formelhaften Beschwörung.

In einem Interview mit der WELT sagte Dayan: „Antisemitismus ist der Anfang vom Ende der Demokratie.“ Menschen wie er machen einen entscheidenden Fehler: Mit der ständigen, gebetsmühlenhaften Betonung ihrer Rolle als auserwähltes Volk Gottes grenzen sie sich im selben Atemzug von der Völkergemeinschaft ab – isolieren die Juden vom Rest der Weltgemeinschaft. Wenn heutzutage von Integration in eine bestehende Gesellschaftsordnung die Rede ist, dann ist ein solches Verhalten eher kontraproduktiv.

Denselben Fehler begehen deutsche Politiker seit Jahren, indem sie von der besonderen Rolle Deutschlands und ihrer Verantwortung für die Juden sprechen. Natürlich müssen die Taten, die von einem verbrecherischen System begangen wurden, beim Namen genannt werden; beispielsweise, dass Menschen ihrer Würde beraubt und auf die Stufe mit Ungeziefer gestellt wurden, welches es zu vernichten gelte. Erinnerung ist das eine, ein ganzes Volk jedoch 80 Jahre später immer noch für jene Verbrechen in Sippenhaft zu nehmen, wie es der deutsche Bundespräsident regelmäßig tut, ist unverantwortlich. Dessen Forderung nach dauerhafter Selbstgeißelung muss abgelehnt werden.

Noch unverständlicher wird es, wenn die deutsche Regierung die Verbrechen des israelischen Staates an den Palästinensern zu deckeln versucht. Diese Weißwaschung empört die Völkergemeinschaft und jeden aufrecht denkenden Menschen. Vor allem durch ein solches Verhalten schüren deutsche Politiker wie Frank-Walter Steinmeier (ungewollt) den Antisemitismus – mit den bekannten Folgen.

Der US-Milliardär Elon Musk, der sich in meinen Augen im Verein mit Donald Trump zusehends (und offensichtlich ganz bewusst) in der Rolle eines Totengräbers der Demokratie gefällt, sagte in diesen Tagen mit Blick auf die Deutschen und deren halbherzigen Versuche der Bewältigung ihrer „braunen“ Vergangenheit: „Ehrlich gesagt, ist der Fokus zu sehr auf die Schuld der Vergangenheit gerichtet, und das müssen wir hinter uns lassen.“ Musk forderte die Deutschen auf, stattdessen stolz auf ihre Kultur zu sein. Für den (in Buenos Aires geborenen) Juden Dayan ist Musks Äußerung „eine Beleidigung für die Opfer des Nationalsozialismus und eine klare Gefahr für die demokratische Zukunft Deutschlands“.

Interessant für mich ist, wie hierbei zwei Nicht-Deutsche über unser Land urteilen. Dank deutscher Politiker wie Steinmeier & Co. wird es Deutschland weiterhin zulassen, dass es im Ausland überwiegend über seine braune Vergangenheit definiert wird. Die Gefahr besteht, dass damit gleichzeitig ein Schlussstrich unter unsere Zukunft gezogen wird, die dann nicht mehr so stattfinden wird, wie wir sie uns vorgestellt hatten – ganz abgesehen davon, dass der Ruf nach einem „starken“ Deutschland und einer deutschen Rolle innerhalb Europas im Nirwana verhallen wird.

Dies sind keine guten Nachrichten für die besagten deutschen SchülerInnen, die in die ehemaligen KZs gekarrt werden sollen. Sie sehen ihre Zukunft ganz gewiss nicht in einem rückwärtsgewandten Deutschland, sondern in einem vorwärtsstrebenden Europa.

Ketzerische Frage: WAS PASSIERT EIGENTLICH, WENN SICH SCHÜLER WEIGERN?