Ist derjenige, der bei der Europawahl die AfD gewählt hat, ein „Rechter“? Ich behaupte – nein. Obgleich sich Regierungsvertreter darin überschlagen, diese Partei zu verteufeln (und bereits überaus erfolgreich sind, die Medien auf Linie zu bringen), rekrutieren sich deren Wähler nach meinem Dafürhalten zu weit über 90 Prozent aus Bürgern, die mit ihrer Stimmabgabe lediglich ihren Protest gegen die derzeitig praktizierte Politik zum Ausdruck bringen wollten. Eine „Denkzettel-Wahl“ also, bei der die Themen Migration und Wirtschaft an vorderster Stelle standen.
Aus demselben Grund war die BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) so erfolgreich. Wäre am kommenden Wochenende Bundestagswahl, so wäre das Ergebnis wohl ähnlich. Vor allem deshalb lehnt die gegenwärtige Regierung den Gedanken an vorgezogene Neuwahlen rundweg ab. Emmanuel Macron auf der anderen Rheinseite ist da ganz anders geschnitzt. Keineswegs vergessen darf man hierbei, dass ein herausragendes Merkmal des politischen Systems Frankreichs eine doppelköpfige Exekutive ist – Frankreich wird gerne auch als republikanische Monarchie bezeichnet – … mit einer starken Stellung des Präsidenten. Bei Reaktionen auf ein Wahlergebnis wie bei der letzten Europawahl ist deshalb auch auf diese, systemimmanenten Unterschiede zu achten.
Anders als in Frankreich sind die Möglichkeiten des politischen Protests hierzulande in der Realität deutlich eingeschränkt … Bismarck lässt grüßen. Diese Tatsache wie auch der gegenwärtige Umgang der Politiker mit einem Wahlergebnis wie dem jetzigen – Augen zu und weiter so – produziert einerseits Politikverdrossenheit; es kann aber auch zu Gewaltexzessen von Bürgern und Gruppierungen führen, die keine andere Möglichkeit mehr sehen, ihr zunehmendes Gefühl von Ohnmacht zu artikulieren.
Der Bürger, der Souverän, hat gewählt. Gewählt? Ja – aber entschieden? Welche Konsequenzen hat seine Stimmabgabe? Wie wird mit dieser, seiner abgegebenen Stimme verfahren? Wie sehr wird sie von den Regierenden überhaupt wahrgenommen und respektiert?
Mit diesem Respekt – das lässt sich im Alltag erkennen – kann es nicht weit her sein. Egal, wo und wie wir unterwegs sind, sehen wir uns nahezu überall im öffentlichen Raum von einem tatsächlichen, geistigen wie virtuellen – uns manipulierenden – Schilderwall umgeben, werden von Regeln und Verboten zunehmend überhäuft. Die Medien adaptieren die Sprache der Politik … teilweise schon in vorauseilendem Gehorsam. Abweichende Meinungen oder gar Selbstkritik spielen nur noch dann eine Rolle, wenn es um Werbeeinnahmen geht.
Freiheit der Sprache? Wie war das gleich noch mit dem „gendern“? Darüber hinaus werden Bücher umgeschrieben, nur weil deren Sprache angeblich nicht mehr in unsere Zeit passt. Für mich ist dies auch eine Art von Bücherverbrennung. Bücher repräsentieren jedoch das Denken ihrer Zeit! Selbstverständlich ist es richtig, auch dieses zu hinterfragen. Aber weshalb dieser wahnwitzige, auch noch von zahlreichen Intellektuellen hierzulande unterstützte Kreuzzug? Geschichte ist (und bleibt) Geschichte – also Vergangenheit -, aus der wir für unsere Gegenwart und eventuell noch ein Stückweit in die Zukunft hinein lernen können … nicht mehr und nicht weniger!
All dies nimmt uns wieder ein Stück Freiheit. BITTE, LEUTE: ES DARF GEDACHT WERDEN! Und es darf gesagt werden … ALLES.
Vor allem (und erst recht) nach dieser Wahl.