Höllentrip

Shortstory von Guido Sawatzki

Anmachen – ficken – draufhauen. Mehr können diese braunen Dumpfbacken doch nicht … oder? Ich kann es auch anders sagen: „Assi – fanatisch – dilettantisch – welche Variante ist dir lieber, Björg?“ Sven provozierte, das war seinen Kumpels schon klar. Dem, der da extra die 30 Kilometer aus Halmstad gekommen war, jedoch anscheinend nicht. „Was meinst du damit?“. Schon allein dieser feindselige Ton, den Björg, seines Zeichens Rottenführer, anschlug, schreckte die fünf Jungs auf. So viel Aggressivität waren sie hier in der schwedischen Westküstenprovinz nicht gewöhnt. Sicher – man hatte mal ‘ne andere Meinung, ging später dann aber doch friedlich auseinander.

Sven war aufgestanden. Er war ziemlich stämmig und einen guten Kopf größer als Björg. Der aber machte lediglich einen Schritt auf Sven zu, holte mit dem Fuß aus und traf sein Gegenüber genau dort, wo es einem Mann am allermeisten wehtut. Sven stöhnte laut auf, japste nach Luft und ging in die Knie. Bevor er jedoch vornüberfiel, erwischte ihn ein knallharter, sauberer Aufwärtshaken. „Knockout …“. Björg‘s Botschaft war eindeutig: „Wer sich nicht absolut an unsere Regeln hält und nicht gehorcht, der fliegt – und zwar in hohem Bogen … . Manchmal hat sowas aber auch ein Nachspiel. Aber in dessen Haut will ich dann nicht stecken!“

Björg‘s Miene sprach Bände. „Haben mich alle verstanden? Ich will mich schließlich nicht umsonst die halbe Nacht lang über Matschpisten bis hin zu Eurer jämmerlichen, grausigen Vereins-Kate durchgeschlagen haben“. Die anderen vier in der Runde, alle zwischen 14 und 17 Jahre alt, nickten. „Und damit ihr euch über eines gleich im Klaren seid – wir sind nicht nur für dieses Dorf, sondern für das ganze Land die Zukunft. So, wie das die Deutschen schon vor 80 Jahren vorgemacht … oder zumindest versucht haben. Heutzutage haben wir ganz andere Möglichkeiten … bessere!“ Der Rottenführer schaute zu Sven hinüber, der sich inzwischen wieder aufgerappelt hatte und leise vor sich hin stöhnte. „Und Weicheier können wir in unserer neuen, aufstrebenden Bewegung schon gar nicht gebrauchen. Ist das bei dir angekommen … Sven?“.

Das letzte kam schon eher einem Brüllen gleich, was Sven erschreckt zusammenzucken ließ. Doch nachdem ihm keiner seiner Kumpels beiseitegestanden hatte, wollte er diesen Björg nicht weiter provozieren. Die würden schon sehen, was sie an dem hatten. „Der Teufel soll mich holen, wenn wir uns in diesem Leben nochmal sehen sollten“, murmelte er vor sich hin. Lauter dann zu Björg: Okay, ist ja schon gut.“ Aber damit war er bei ihm an den falschen Mann geraten. „Jawoll, Rottenführer, heißt das!“, wurde er angeschnauzt.

Und merkt euch eins: „Wer mich erst mal in sein Haus gelassen hat, der wird mich so schnell nicht wieder los … was sage ich – der wird mich nie wieder los!“ Unheilvoll klang Björg’s Stimme jetzt. Geradezu gruselig. „Auch wenn ich jetzt die Türe hinter mir schließe, werde ich weiterhin da sein. Aber sicherlich nicht so, wie ihr euch das in eurer unsäglichen Unschuld und Naivität im Moment vorstellt. Ihr werdet euch noch wundern. Ha!“. Sein höhnisches Gelächter hallte noch lange in ihren Ohren nach. 

„Wieso wehrt ihr euch nicht, sagt nur Ja und Amen, wenn der Typ hier rumschreit?“, empörte sich Sven, nachdem Björg nach ein paar weiteren gebrüllten Instruktionen und der bedrohlichen Ankündigung, „Wir sehen uns wie vereinbart in einer Woche, Leute!“ die Tür so heftig hinter sich zugeschlagen hatte, dass man befürchten musste, das kleine alte Schwedenhäuschen mit dem verzierten Friesengiebel würde zusammenbrechen. „Du hast es ja zu spüren bekommen, wozu der fähig ist, Sven“, meinte Elias, der eher zu den körperlich Schwächeren unter ihnen zählte. „Freunde müssen zusammenhalten … das ist wichtiger als alles andere“, hielt Sven dagegen. Denkt immer an das Positive in uns, das uns innerlich stark macht und uns durch dick und dünn gehen lässt – das ist schon immer unser bester Schutz gegen das Dunkle und das Böse um uns herum gewesen. Okay?“ Er stellte sich breitbeinig vor seine Kameraden. „Kommt, schlagt ein!“

Er hatte schon wieder das selbstbewusste Grinsen im Gesicht, das seine Freunde von ihm kannten und das ihnen Sicherheit gab. „Gerade weil wir jetzt alle wissen, wozu der fähig ist, müssen wir unsere Reihen schließen. … Okay, er hat uns überrumpelt. Wir alle gingen doch davon aus, da käme jetzt ein Typ mit Krawatte, der mit uns über Führungsleitlinien in Vereinen diskutieren und uns entsprechende Tipps geben würde, damit unser Verein weiterwächst. Denn schließlich haben wir uns ja nicht lumpen lassen und etliche Kronen dafür hineingesteckt. Nein! Wie ein paar Dorftrottel brauchen wir uns nicht zusammenstauchen lassen – das haben wir nicht nötig … . Und mit seinen fixen braunen Ideen ist er bei uns sowieso an der falschen Stelle. Allerdings müssen wir uns vorwerfen lassen, dass wir uns vorher besser hätten informieren sollen … über ihn und seine Organisation. Wenn er sich nicht mehr blicken lässt, ist vielleicht sogar unser investiertes Geld für immer futsch.“

Sven merkte, während er redete, dass die anderen nicht bei der Sache waren, spürte, dass da noch etwas anderes im Raum war – in diesem Raum. „Was ist los?“

Sven folgte den verwunderten Blicken der anderen, nach oben, hoch zum Holzbalken über der Tür. Der alte, wahrscheinlich schon reichlich morsche Balken schien sich komplett entleeren zu wollen, denn mikroskopisch feiner Staub drängte urplötzlich aus ihm heraus. Dabei ächzte er erbärmlich. Doch fiel der Staub nicht einfach nach unten, was nach dem Gesetz der Erdanziehung schließlich ganz natürlich gewesen wäre, vielmehr umkreiste er wie ein Schwarm Fliegen das Licht, die einzige Beleuchtung in diesem Raum, eine Glühbirne. Dieser Staubschwarm – ein besserer Begriff für diese merkwürdige Erscheinung wollte Sven nicht einfallen – reichte jetzt vom Boden bis zur Decke. In einem Dokumentarfilm hatte er einmal Tausende von Flamingos nahezu gleichzeitig von einem See aus starten sehen – genauso beeindruckend wirkte das hier auf ihn. Je nach Dichte dieses ominösen sandhosenartigen Gebildes und den Formen, die der Schwarm annahm, flackerte das Licht hin und her und warf wilde Schatten an die gekalkten Wände des steinernen Unterbaus dieses, mehrere Jahrhunderte alten Hauses.

Mit offenen Mündern starrten die fünf Freunde auf das Phänomen. Es war bestimmt eine ganze Minute verstrichen, bis der Staub sich wieder in den Balken zurückgezogen hatte. Nur Alvin wagte es, aufzustehen und ihn vorsichtig zu berühren. „Alvin, pass ja auf!“, schrie Are, der Jüngste von ihnen. Doch nichts passierte. Schließlich hieb Alvin unter den ängstlichen Blicken der anderen mit der Faust fest dagegen. „Vollkommen stabil“, stellte er nüchtern fest.

„Aber … was war das?“, fragte Sven und schüttelte sich. Es dauerte eine ganze Weile, bevor die anderen sich aus ihrer Erstarrung gelöst hatten. „Ich hätte es auch nicht gewagt, den Balken anzufassen, aber mir ist eingefallen, dass mein Großvater mir mal ein Buch gezeigt hat, in dem dieses Häuschen hier erwähnt wird“, erzählte Alvin. „Vor ewig langer Zeit soll während einer Dürreperiode, in der das Getreide auf den Feldern verdorrte, ein gewaltiges Feuer fast das ganze Dorf mit seinen damals 22 Häusern vernichtet haben … bis auf dieses uralte Gebäude. Es blieb als einziges Bauwerk von der Feuerwalze vollkommen verschont – und die zahlreichen Kiefern und Birken drumherum seltsamerweise auch … die stehen ja heute noch da, wie ihr seht. Den Dorfbewohnern erschien das damals wie ein Wunder – immerhin stand auch dieses Haus olz gebaut istHol- und auch mitten im Feuersturm; zwar ist der Unterbau gemauert, der Rest aber besteht vollständig aus Holz!

Aber jetzt kommt das eigentlich Sonderbare: Nachdem sich die Glut auf dem Boden der abgebrannten Häuser ein paar Tage später abgekühlt hatte und Leute, deren Haus abgebrannt war, in dieser Hütte Schutz suchten, geschah eines Abends genau dasselbe … ja, Leute, exakt dasselbe, was wir gerade erlebt haben. Dieser Holzbalken hier schien unter lautem Getöse in Staubfahnen zerbröseln zu wollen, fühlte sich kurze Zeit später aber wieder so an wie zuvor. So stand es zumindest in dem Buch … .

„Warte, Christer“, sagte Alvin und hob abwehrend beide Hände. „Ich weiß, dass du der letzte bist, der an Hokuspokus glaubt – ich bin ja auch nicht gerade auf den Kopf gefallen -, aber ich finde bei alledem noch einiges andere ziemlich merkwürdig … und zwar deshalb, weil es mich an unseren Besucher erinnert. Ich lese euch mal die Stelle vor: ‚Ein paar Tage vor dem Brand war ein Prediger in unser Dorf gekommen. Dieser wollte uns bekehren und verlangte, dass wir unserem bisherigen Glauben abschwören sollten. Er drohte damit, dass ansonsten allen hier ein fürchterliches Unglück zustoßen würde.‘ Natürlich vermuteten damals nicht wenige, dass genau dieser Prediger das Feuer gelegt hatte.

In der Zeit gab es aber auch noch solche, die wie viele andere an Geister und Hexen glaubten; wiederum andere deuteten die Sache mit dem Balken als ein Wunder und einen Fingerzeig von Gott, dass sie standhaft bleiben und alles wieder aufbauen sollten.“ Alvin hielt inne, sah er doch die verwunderten Augen seiner Freunde. „Und an solchen Humbug glaubst du?“, fragte Christer und verzog spöttisch das Gesicht.

Sven, in dem die anderen ihren Anführer sahen, meinte nur trocken: „Wir haben es alle gesehen. Jeder mag davon halten, was er will. … Ich für meinen Teil kann auf jeden Fall nicht so tun, als ob nichts gewesen wäre. Nach dem Erlebnis mit dem Typen vorhin aber denke ich, dass ich sogar die Hilfe von Geistern annehmen würde.“

Christer erwartete jetzt eigentlich, dass Sven vor Lachen laut losprusten würde wie nach einem gelungenen Witz. Doch Sven war ernst geblieben.

„Ihr spinnt doch alle!“. Aber kaum hatte Christer den Mund zugemacht, als ein Lichtschein das ganze Haus erfüllte und sie alle so blendete, dass sie sich die Hände schützend vor die Augen halten mussten. Christer, der überzeugt davon war, dass alles, was auf dieser Welt geschieht, eine natürliche Ursache hat, riss die Tür auf. „Ihr mit euren blöden Geistern! Lasst euch doch nicht verrückt machen. Das ist sicher nur jemand, der zu uns will und vergessen hat, das Fernlicht von seiner verdammten Karre auszuschalten … .“ Christer begann zu lachen. „Vielleicht ist es ja sogar der Typ von vorhin, der sich entschuldigen will. Ich geh‘ mal raus und schau nach.“

Alle lauschten angestrengt. Außer den Geräuschen von Christers knarrenden Stiefeln war jedoch kein Laut zu vernehmen. In dem harten Gegenlicht konnten sie alle sehen, wie Christer sich noch umdrehte und triumphierend rief: „Seht ihr, ich habe Recht gehabt. Niemand da!“

Plötzlich schrie Elias voller Entsetzen auf: „Schaut … schaut doch nur – da!“ und deutete mit dem Finger auf den Balken.

Mit aufgerissenen Mündern sahen sie, dass der Holzbalken rot angelaufen war … ja, von innen heraus regelrecht glühte. Keine zehn Minuten später war mit einem Schlag der ganze Spuk vorbei; auch das gleißende Licht draußen war erloschen.

Doch … wo war Christer?

„Christer, Christer!“ Zuerst flüsternd, dann immer lauter und – so kam es den anderen vor – fast schon verzweifelt rief Sven, der sich zur Tür vorgewagt hatte, den Namen des Freundes in die Dunkelheit hinein. Doch nichts tat sich. Draußen schien alles völlig normal – außer eben, dass der Junge wie vom Erdboden verschluckt war. „Wir gehen jetzt am besten nach Hause. Morgen wird sich für alles eine Erklärung finden … was meinst du, Alvin?“.

„Nachdem jetzt Christer verschwunden ist – und ich bin ziemlich sicher, dass mit ihm irgendwas passiert ist und nicht, dass er uns etwa ärgern wollte -, fände ich es besser, hier zu bleiben. Solange wir zusammen sind, haben wir die Kontrolle“, meinte Alvin. „Warten wir deshalb also einfach zusammen das Ende der Nacht ab – und zwar hier. … Okay, Sven?“

„Also alleine will ich jetzt auch nicht raus … okay.“ Sven fröstelte. Von Geistern und Spuk hatte er nun wirklich die Nase voll. Am liebsten wäre er jetzt weg … ganz weit weg gewesen! Auch den rotglühenden Balken von gerade eben hätte er am liebsten vergessen. Was das wohl zu bedeuten hatte? „Kommt, helft mir, den Kaminofen mit Holz zu füllen. Dort, in der Ecke liegt noch genügend trockenes Holz. Außerdem muss auf dem Dachboden noch einiges herumliegen. Komm, Are, hilf mir die Leiter zur Dachluke aufstellen. Dann geht es leichter.“

„Hältst du die Leiter bitte fest?“. Schon nachdem Sven die ersten zwei Stufen genommen hatte, fing die Leiter heftig an zu schaukeln. „Are, was machst du? Wir sind doch nicht mehr im Kindergarten!“

„Ich? Ich mache gar nichts. Tatsache!“ Schaut doch selbst!“. Mit großen Augen verfolgten Are, Elias und Alvin, wie die Leiter immer stärker rüttelte – gerade so, als ob sie Sven abschütteln wollte. Doch der war hartnäckig und nahm noch zwei weitere Stufen. Dann passierte es: Die vierte Sprosse brach mitten entzwei und Sven verlor den Halt. Immerhin streckte er im Fallen noch geistesgegenwärtig die Arme aus, sodass er sich bei dem heftigen Aufprall auf den Lehmboden zumindest noch etwas abstützen konnte. Da er jedoch seitlich abknickte, musste sein rechter Ellenbogen den Aufprall abfangen.

„Komm, nimm meine Hand!“ Leise stöhnend und mit schmerzverzerrtem Gesicht zog sich Sven mit Alvins Hilfe nach oben. Kaum jedoch stand er wieder senkrecht, da klappte die schwere Dachluke wie von Geisterhand nach unten – haarscharf an Svens Kopf vorbei. Unter den entsetzten Blicken der vier Jungs schwang sie noch eine ganze Weile hin- und her – begleitet von einem grässlichen, nervtötenden Quietschen der Scharniere.

„Mir reicht’s – ich hau‘ ab!“. Sven lief zur Tür, drückte die Klinke – doch nichts tat sich. Alles Ziehen und Rütteln war vergebens. Die anderen eilten ihm zu Hilfe – auch ihnen war es ganz schön mulmig geworden. Allesamt wollten sie jetzt so schnell wie möglich weg von diesem furchteinflößenden Ort. Doch nichts half, die Tür ließ sich einfach nicht öffnen. „Lasst uns die Tür aufbrechen, Leute! Hier wird doch bestimmt sowas wie ein Stemmeisen herumliegen.“ Gemeinsam suchten sie die Hütte nach etwas Brauchbarem ab. Vergebens. Ratlos und frustriert, aber auch vollkommen erschlagen von den Ereignissen der letzten Stunden ließen sie sich schließlich auf die Holzbank nahe am Kamin fallen … . Keiner sagte ein Wort. Sie wussten einfach nicht weiter.

Plötzlich schlugen Flammen aus dem Kamin, in dem das Holz aufgeschichtet war. Nanu – war da noch Glut vorhanden?“, wunderte sich Sven. „Ääh … nicht, dass ich wüsste“, kam Alvin‘s zögerliche Antwort. „Wie sollte das auch gegangen sein? Wir sind hier doch schon seit Stunden und keiner hat Feuer gemacht. Außerdem haben wir das Holz gerade erst aufgeschichtet. Irgendjemand scheint da mit dem Teufel im Bunde zu sein!“

„Teufel – ha! Christer würde uns jetzt auslachen“, erwiderte Are mit bedrückter Stimme. Im selben Moment klopfte es an die Tür. Fast gleichzeitig schreckten alle vier von der Bank hoch. „Hier sind wir“, riefen – nein, schrien – sie durcheinander und hieben mit den nackten Fäusten auf die Tür ein. Plötzlich spürten sie Widerstand. Jemand stieß die Tür nach innen auf – und das mit einem solchen Schwung, dass sie allesamt rückwärts bis zur gegenüberliegenden Wand taumelten.

„Na? Wollt ihr mich nicht mehr hereinlassen? Auf der Rückfahrt überlegte ich doch tatsächlich, dass mein Abgang hier vielleicht etwas abrupt war. Auch will ich nicht, dass ich in einer Woche alleine dastehe – wenn ihr wisst, was ich meine. Außerdem habt ihr mich als euren Coach ja schon ordentlich dafür bezahlt … damit ich euch zeige, wo’s langgeht – für die Ewigkeit … . Ha hahaha haaa!“ Sein abstoßendes Lachen verstärkte noch dieses unheimliche, geradezu diabolische Grinsen auf dem Gesicht des Besuchers.

Die Vier starrten Björg, der jetzt total verändert aussah, wie einen Geist an. „Björg? Tttt…teufel aber auch“, stammelte Are.

„Was habt ihr, meine Lieben? Meinst du etwa, Sven, ich hätte deine Wortspielerei bei meinem ersten Besuch heute Nachmittag nicht sofort durchschaut? Weißt du, ich denke inzwischen, dass man es auch anders buchstabieren kann.

Überhaupt solltet ihr wissen, dass 300 Jahre und mehr für jemanden wie mich nicht mehr als ein Augenzwinkern sind. Damals kam ich in einem gewissen Sinne ebenfalls als Lehrmeister in dieses Dorf – allerdings nicht als Kursleiter, sondern als Prediger. Doch schon da wollten die Leute meinen guten Rat nicht annehmen … Haha … haaa!“ Erneut ließ Björg, wie er sich jetzt nannte, sein schauriges Gelächter ertönen. „Und jetzt? Ha! Da bestellen mich doch tatsächlich fünf Bürschchen zu sich ein, betteln quasi um meine Hilfe, um Ordnung in ihr Chaos zu bringen – und was ist der Dank?“

Björg hob, fast wie anklagend, die Faust zum Himmel – ließ sie dann aber doch wieder fallen. „Ach ja, letzteres erinnert mich daran, dass ich euch noch meine persönliche Interpretation dieser drei Buchstaben schuldig bin: A für allmächtig, f wie fürchterlich, d wie dankbar … . Na? Wie klingt das in euren Ohren?

Ein paar Kostproben für die ersten beiden Buchstaben habe ich euch während der vergangenen Stunden ja nun schon geliefert – oder etwa nicht? Und die Gelegenheit, euch dankbar zu erweisen, biete ich euch jetzt.“ Björg hielt die schwere, alte Holztüre weit auf. Er wollte schon loslaufen, als er doch noch einmal innehielt. „Überhaupt … ihr müsst eigentlich nicht überrascht sein. Warst nicht sogar du es selbst, liebster Sven – ich erinnere mich noch sehr gut -, der mich nach unserer kleinen körperlichen Auseinandersetzung gebeten hat, dich zu holen … du erinnerst dich doch auch?

Und jetzt kommt, Freunde – seid so liebenswürdig und folgt mir nach draußen … auf denselben Weg, den Christer schon gegangen ist … .