Gedanken zum Tag (16.11.2023)

Gestern besuchte ich eine Veranstaltung zum Thema „Kolonialismus“ – deutscher Kolonialismus … wohlgemerkt. Gezeigt wurde dort unter anderem der Film „Der vermessene Mensch“. Zum Glück hatte ich vorher nicht viel gegessen, denn dieser Film zeigte in aller Schärfe die ganzen Grausamkeiten, zu denen Menschen mit erheblichem Rassismusdenken fähig sind. Man muss sich die Frage stellen, ob sich derlei Denken mit dem Zivilisationsgedanken überhaupt vereinbaren lässt – und muss sie schließlich verneinen.

Gestört hat mich an dem Film lediglich die starke Fokussierung auf „die Deutschen“. Man denke nur daran, dass der Rassismus von den Briten bis weit in das vorige Jahrhundert hinein beispielsweise in Südafrika heftig betrieben wurde – und in den USA bis zum heutigen Tage noch für viele Menschen Alltag ist.

Ich bin einverstanden, über DIE Vergangenheit zu sprechen … auch die deutsche – aber nur dann, wenn das Reden darüber auch tatsächlich etwas bewirkt. Ansonsten sind das nur überflüssige Phrasen, die schon Tausendmal gesagt worden sind. Lehren aus der Vergangenheit ziehen? Dies hat sich schon immer als Illusion erwiesen. Im Übrigen haben Kolonialmächte wie Großbritannien, Frankreich, die Niederländer und Italiener, die sich bei ihren Eroberungsfeldzügen wahrlich nicht wie Gentlemen benommen haben, dieses Thema für sich längst abgehakt.

Und dass die Deutschen, weil es der Welt gefällt, sich ständig in Mea culpa … (Durch meine Schuld …) -Gejammere ergehen sollen? Nein – dieses Gewinsel, beispielsweise von einem gewissen Frank-Walter Steinmeier am laufenden Band zelebriert, hoffend, dass die Deutschen dadurch in der Welt besser angesehen werden, finde ich unerträglich. Mit Recht, meine ich, schauen Staaten und Völker mit Verachtung auf dieses, unser Volk herab.

Können unsere Politiker denn nichts anderes als zu kriechen und zu kuschen, wenn es um die deutsche (Kolonial-)Vergangenheit geht? Doch nachdem dieses Mea culpa-Denken – auch in Sachen Nazi-Deutschland – in den letzten 70 Jahren ganzen Generationen (unter anderem in den deutschen Klassenzimmern) erfolgreich eingehämmert wurde, scheinen wir ohne dieses unterwürfige Getue gar nicht mehr existieren zu können.

In diesen Zusammenhang passt die Forderung einer Antisemitismus-Forscherin dieser Tage in einem SWR-Interview, der (deutschen) Jugend „immer wieder vor Augen zu führen, was passiert ist … sie kontinuierlich daran zu erinnern!“. Von der Wissenschaft (Psychologie) her wissen wir, dass ich jemanden kleinhalte, indem ich ihm immer wieder seine Verfehlungen und seine „Schuld“, zum Beispiel auch die seiner Vorfahren, vor Augen führe.

Vor wenigen Tagen kam die Meldung in den Medien, wonach ein führendes Mitglied der Jungen Union den jämmerlichen Zustand Deutschlands beklagt: „Deutschland hat keine Identität, kein Selbstvertrauen, … keine Durchsetzungskraft.“

Früher machte der Spruch die Runde, wonach „die Deutschen“ entweder nur herrschen oder nur kuschen könnten. Ich hege aber immer noch die Hoffnung, dass in unserer jetzigen, aufgeklärten Welt ein Konsens zwischen diesen beiden Extremen möglich sein sollte.

Neuerdings mehren sich Stimmen, die fordern, die ganze deutsche Kolonialgeschichte aufzuarbeiten. Ich frage mich nur, mit welchem Ziel?! Am Ende werden afrikanische und andere Staaten, denen unsere so genannten moralischen Überlegungen heutzutage in aller Regel völlig egal sind, lediglich die Gelegenheit nützen, die Hand aufzuhalten – damit die rührseligen Deutschen sich endlich von dieser, wie auch immer gearteten Schuld reinwaschen, sprich: freikaufen, können.

Hinweise dafür liefert ein gestern erschienener Medienbericht mit der Überschrift „Afrikanische Staaten wollen Reparationen für Sklaverei“. Danach soll auf einer Konferenz der Afrikanischen Union in Ghana ein Aktionsplan zur Förderung der Wiedergutmachung erarbeitet werden – auch finanzielle Zahlungen werden erwogen.